KulturDiakonie
Weitere Überlegungen zum Verhältnis von Kirche und Kultur
Bild: privat
Kirche und die Kultur scheinen heute eine Schicksalsgemeinschaft zu bilden: Die katholische Kirche steht mitunter mit wortgewaltiger Sprachlosigkeit einem langjährigen Entfremdungsprozess ihrer Mitglieder, die ab einem gewissen persönlichen Zeitpunkt dann ehemalige Mitglieder sind, gegenüber (vgl. z. B. Christ & Welt 33/2019, 1), die evangelische Kirche einer Gleichgültigkeit, z. B. Christ & Welt 12/2023, 2). Das „altmodische Wörtchen Kultur löst hierzulande so viel gähnende Erfurcht aus“ wie kaum ein anderer Begriff (DIE ZEIT 20/2024, 49).
Die bei beiden Begriffen gleichzeitig mitschwingende oder in deren Kontext formulierte Nostalgie (vgl. z. B. DIE ZEIT 05/2022, 11) bringt gleichzeitig eine gewisse Sehnsucht zum Ausdruck nach dem, was beide (zum Teil wohl auch retrospektiv verklärt) einmal geboten haben oder bieten könnten und heute als Desiderat empfunden wird.
So stellen sie heute nach der Meinung des Würzburger Musikwissenschaftlers Ulrich Konrad bei allem Angefragt oder sogar Angezähltsein mehr als nur eine sich gegenseitig stimmulierende Schicksalgemeinschaft dar. Die zukunftsträchtigen Chancen aus ihrer Verbindung fasste der Theologe und Spiritualitätsfachmann Gotthard Fuchs in den Begriff „Kulturelle Diakonie“, den der Pastoraltheologe Ludwig Mödl als „Kulturdiakonie“ weiterentwickelte. Dass der Begriff weitgehend bisher nicht rezipiert ist, schafft Raum und Notwendigkeit für Interpretationen: Welcher Kulturbegriff müsste in der (katholischen) Kirche zur Anwendung kommen, wenn sie als maßgeblicher Teil einer lebendigen modernen Gesellschaft verstanden und akzeptiert werden soll? Wie kann das Evangelium, die Botschaft vom Reich Gottes und die Gegenwartskultur zusammengebracht werden, so dass das Leben, der Lebensraum, die Lebenswelt sinnstiftend und menschenwürdig gestaltet werden kann?
Mit diesen Fragestellungen haben - in engem Zusammenhang mit den aktuellen kirchlichen Reformbestrebungen - José Tolentino Kardinal Calaça de Mendonça, Gianfranco Kardinal Ravasi sowie Wolfgang Beck, Ralph Bergold, Reinhold Bernhardt, Michael N. Ebertz, Friederike Dostal, Marc Grandmontagne, Bernhard Kirchgessner, Stefan Klöckner, Jakob Johannes Koch und Ludwig Mödl beschäftigt. Dabei fragen sie nach dem kirchlichen Verständnis von Kultur sowie Diakonie, versuchen den Begriff der Kulturdiakonie zu bestimmen und benennen dessen Problematik. Sie thematisieren das aktuelle Verhältnis zwischen (vorrangig katholischer) Kirche und Kultur in der modernen Gesellschaft und beleuchten das Potenzial des Verhältnisses von Kirche und Kultur bzw. die Kultur als Ort der Theologie, der Homiletik und Pastoral, der Neuevangelisierung und Glaubensweitergabe sowie das kulturelle Engagement der Kirche als Faktor des diakonalen kirchlichen Handelns bzw. im gesellschaftlichen oder kulturpolitischen Kontext.
Nach der in Kirchenmusiker-, Kirchen- und Theologenkreisen als Paradigmenwechsel empfundenen Frage, welche Kirche die Musik braucht, widmet sich diese Publikation nun der Verbindung von Kultur und Kirche unter dem Aspekt der daraus möglichen Chancen für eine Kirche von morgen, die auch nicht weniger als Notwendigkeiten gesehen werden könnten.
Das Buch ist im Online-Shop des Echter Verlags Würzburg, im Passauer Domladen sowie im Buchhandel erhältlich.